Stellungnahme zum Haushalt 2024 anlässlich der Ratssitzung am 13.05.2024
Haushaltssituation
Seit 2015 ist die Gemeinde Lienen in der Haushaltssicherung.
Der Haushalt muss nach Haushalt Sicherungskonzept in 2025 ausgeglichen sein um wieder zu einem „normalen Haushalt“ zurückzukehren
Das ist mit dem vorliegenden Haushalt nach Aussage des Kämmerers nicht zu erreichen und es ist zu erwarten, dass der Haushalt vom Kreis nicht genehmigt wird.
Die Folge ist, das ist die Gemeinde nach §82 GO NRW nur noch Ausgaben tätigen darf zu denen sie „rechtlich verpflichtet ist oder deren Ausführung unaufschiebbar sind“
Man kann die finanzielle Situation der Gemeinde mit folgendem Satz zusammenfassen: „Gestern standen wir am Abgrund, heute sind wir schon einen Schritt weiter!“
Der jetzt vorliegende Haushalt sollte – abgesehen von den Steuersätzen- bereits in der letzten Ratssitzung eingebracht werden. Die Absetzung von der Tagesordnung erfolgte, weil der Rat noch einmal in den Haushalt einsteigen wollte um zusätzlich zu den erforderlichen Steuererhöhungen auch die Einsparungsseite intensiv zu beleuchten
Erhöhung der Steuersätze
Die Gemeinde hat ein strukturelles Defizit. D.h., das beispielsweise die Gewerbesteuereinahmen nicht ausreichend sind. Der Ausgleich erfolgte bisher z.B. durch die Schlüsselzuweisungen des Landes, die aber für 2024 um 537 T€ gekürzt wurden. Die Kreisumlage hingegen erhöhte sich um 414T€.
Zusätzlich wird die Gemeinde mit Kosten, die aus Gesetzen des Bundes entstehen drastisch belastet. 24/25 : Offene Ganztagsschule: Lienen / Kattenvenne ca.8Mio. €, Förderung dafür rd. 300T€, Flüchtlingsunterbringung: 1 Mio. €. Wie gesagt, diese „Musik“ wird in Berlin bestellt, und wir müssen zahlen, denn es handelt sich um Pflichtaufgaben, denen wir nicht ausweichen können!
Unabdingbar ist auch die Sanierung des Abwassersystems die uns in den nächsten Jahren mit rd. 7 Mio. € belasten wird
Bei diesen Positionen handelt es sich wie gesagt um Pflichtaufgaben die die Gemeinde erfüllen muss.
Die Verwaltung hatte deshalb eine Erhöhung der Steuern wie folgt vorgeschlagen: Grundsteuer A um 28%, Grundsteuer B um 31%, Gewerbesteuer um 0,4%.
Sogar eine Verdopplung der Steuer war ins Gespräch gebracht worden.
Diesen z.T. drastischen Erhöhungen hat der Rat nicht zugestimmt
Stattdessen sollen die notwendigen Steuererhöhungen, schrittweise in vertretbarem Rahmen erfolgen und zwar für 2024: Grundsteuer A um 15%, Grundsteuer B um 10%, Gewebesteuer um 5%. Diese veränderten Steuersätze wurden in der letzten Ratssitzung beschlossen und in den jetzt vorliegenden Haushalt eingearbeitet. Ansonsten blieb er unverändert.
Unsere Hoffnung war, dass es uns gelingt, Einsparpotential zu finden, und den in der letzten Ratssitzung vorgelegten Haushalt so zu ändern, dass dieser doch noch genehmigt werden kann. Dem lag der Gedanke zu Grunde, dass wir eben nicht nur Steuern erhöhen, sondern, auch die Ausgabenseite reduzieren wollten.
Auch in einer realistischen Anpassung der Ausgabenprognose hatten wir Einsparpotential gesehen. Denn in den vergangenen Jahren waren die tatsächlichen Jahresergebnisse immer deutlich besser als die Vorausschau.
Die intensiven Gespräche, die wir in diesem Zusammenhang geführt haben, zeigen jedoch das diese Einsparungen nur noch in geringem Umfang in 2024 wirksam werden können und auch vom Volumen nicht ausreichen, um den Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen.
Auch unsere Hoffnung, dass das beispielsweise das Land erkennt, in welche Misere die Kommunen geraten, und die Finanzzuwendungen erhöht, haben sich nach Gesprächen mit der Landespolitik zerschlagen. Das Land ringt ebenfalls mit zu knappen Finanzmitteln.
Die Erkenntnis ist: Es wird wohl niemand kommen, der uns hilft. Wir müssen die Probleme selbst lösen.
Und das bedeutet wenn man ehrlich ist: wir werden weitere Steuererhöhungen und Einsparungen vornehmen müssen. Letztlich wird das alle Bereiche und somit alle Bürger der Gemeinde betreffen.
Wie geht’s nun weiter?
Wie bereits ausgeführt wird es voraussichtlich zu einer Haushaltsführung nach §82 GO NRW kommen. Danach sind u.a. keine freiwilligen Leistungen, z.B.an Vereine mehr möglich. Auch die Kreditaufnahmemöglichkeiten sind beschränkt. Ausreichende Kredite für die Finanzierung der uns auferlegten Pflichten wie offene Ganztagsschule oder Flüchtlingsunterbringung sind ohne die Zustimmung der Finanzaufsicht beim Kreis dann nicht möglich.
Ohne einen vorliegenden und vom Rat verabschiedeten Haushalt wird die Genehmigung aber wohl außerordentlich schwierig werden.
Um diese Situation nicht noch weiter zu verschärfen wird die CDU – Fraktion dem Haushalt zustimmen, wenn auch mit größten Bauchschmerzen.
Weiterhin haben wir mit der Verwaltung besprochen, dass die Machbarkeit der von uns vorgelegten Einsparvorschläge überprüft, und zur nächsten Ratssitzung über die dazu notwendigen Anträge entschieden wird. Diese Absprache ist Grundlage unserer heutigen Zustimmung zu dem Haushalt.
Rückblick auf das letzte Jahr und Ausblick
Wenn wir auf die letzten Monate zurückblicken, wurden einige wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Mit der Waldorfschule wurde eine Lösung für den Kauf des vorhandenen Schulgebäudes gefunden. Auch in Sachen Ortsentlastungsstraße wurden Fortschritte erzielt. Das Gewerbegebiet Kattenvenne füllt sich langsam. Leider dauern all diese Prozesse viel zu lange. Die Gründe dafür sind vielfältig.
Ein Beispiel ist unser Antrag zur Rad Route nach Lengerich. Es geht dabei im Wesentlichen nur um die Anpassung der Vorfahrtssituation auf den betroffenen Gemeindestraßen. Den Antrag dazu haben wir Anfang 2020 eingebracht und er wurde mit großer Mehrheit des Rates beschlossen. Wir hoffen jetzt, dass die Umsetzung in diesem Sommer erfolgt. Hier ist verkehrsrechtlich übrigens für die Gemeindestraßen der Kreis zuständig. 4 Jahre für so ein simples Projekt sind einfach zu lange und mehr als frustrierend!
Vor uns liegt die Sanierung der Abwasserentsorgung mit einer Ersatzlösung für das Klärwerk in Kattenvenne und die Erneuerung der Abwasserdruckleitung von Lienen nach Lengerich. Erste Abschnitte wurden notgedrungen bereits saniert. Man muss kein großer Prophet sein, aber das wird sicherlich nicht ohne eine Erhöhung der Abwassergebühren ablaufen.
Die Situation der Kindergärten ist in mehrfacher Hinsicht unbefriedigend und muss gelöst werden.
Weiterhin müssen die Baumaßnahmen in den Grundschulen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben für die Offene Ganztagschule sowie die erforderliche Erhöhung der Klassenzahlen in der Grundschule Lienen durchgeführt werden.
Auch für die Unterbringung der Flüchtlinge muss eine Lösung gefunden werden. Einer Aufstockung der Containeranlage an der Waldorfschule werden wir definitiv nicht zustimmen!
Das Dach der Turnhalle in Kattenvenne muss saniert werden und zwar in der wirtschaftlichsten der möglichen Lösungen.
Wichtig ist insbesondere die Pflege des vorhandenen Gewerbebestandes sowie Ansiedlung von neuem Gewerbe. Hier haben wir in Lienen ganz klar ein strukturelles Problem. Die Erhöhung der Gewerbesteuereinnahmen ist einer der Schlüssel zur Sanierung unserer Finanzsituation. In diesem Zusammenhang ist die Verabschiedung des Bebauungsplans „ Pastorenkamp“ – heute auf der TO- sehr wichtig.
Auch die Erschließung und Abrundung der Wohnbebauung in Lienen und Kattenvenne muss weiter intensiv vorangetrieben werden
Für Kattenvenne hat sich die Gebietsentwicklungsplanung geädert. Es gibt jetzt dort die Möglichkeit weitere Wohnbebauung anzusiedeln. Dies ist dringend erforderlich, wenn die vorhandene Infrastruktur, Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung usw. dauerhaft erhalten bleiben soll.
Grundsätzliches
Zur prekären Finanzsituation der Gemeinde habe ich Eingangs schon einiges ausgeführt. Ich hätte gerne andere Botschaften überbracht. Es ist u.E. aber notwendig die finanzielle Situation der Gemeinde transparent und offen darzustellen. Nur so können die Bürger die zu treffenden Maßnahmen wie Steuererhöhungen und Sparmaßnahmen nachvollziehen und verstehen.
Auch zum letzten Haushalt habe ich bereits auf die für die Kommunen völlig unbefriedigende Situation hingewiesen. Ich wiederhole das hier einfach noch mal weil es aktueller ist denn je: Ein weiteres strukturelles Problem besteht in den immer höher werdenden Lasten, die den Kommunen vor allem durch den Bund aufgebürdet werden. Das schlägt sich nicht nur in höheren finanziellen Aufwendungen, beispielsweise für die Flüchtlingsunterbringung, sondern auch durch immer komplexer werdende Gesetze und Ausweitung der Aufgaben und Bürokratie im Personalaufwand nieder. Es wird höchste Zeit, dass endlich dem Prinzip, „wer bestellt muss auch bezahlen“ im Verhältnis zwischen Bund und Land und den Kommunen Geltung verschafft wird. Insbesondere auch der zunehmende Wust an Bürokratie und die permanente Verschärfung von Regeln aller Art ersticken langsam unsere Wirtschaft und lassen Personaleinsparungen in den Verwaltungen kaum zu.
Der Bürgermeister berichtet, dass sich voraussichtlich für viele Kommunen die finanzielle Situation in den nächsten Jahren deutlich zu verschlechtern droht. U.E. ist das ein Anzeichen dafür, dass die gesamte Finanzierung der Kommunen nicht mehr sachgerecht funktioniert und neu geregelt werden muss.
Und ich füge noch folgendes hinzu: genügend staatliche Einnahmen sind vorhanden. Es stellt sich aber die Frage ob dieses Geld an der richtigen Stelle ausgegeben wird. M.E. ist das nicht der Fall!
Fazit
Dem Haushaltsplan und den darin enthaltenen Investitionen werden wir mit erheblichen Bauchschmerzen zustimmen!
Ebenso dem Personalplan
Wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Bürgern und Vereinen für ihr Engagement und ihre Unterstützung, ganz herzlich bedanken. Und bitte unterstützen Sie die Gemeinde weiter, gerade in Zeiten knapper Kassen sind wir darauf dringend angewiesen.
Wir danken Bürgermeister, Kämmerer und der Verwaltung für Ihre Arbeit und die Erstellung dieses Haushaltes.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Michael Stehr, CDU – Fraktion,
12.05.24